Nargileh

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Das Sporttauchermuseum Berlin-Wendenschloß ist um ein  interessantes Ausstellungsstück reicher.  Der passionierte Taucher und Autor Dietmar Steinbach aus Zwickau („Nur Tauchen im Kopf“, „Tauchreiseführer Deutschland“) stellte im April 2021 unserem Museum sein Nagileh-Tauchgerät zur Verfügung. Mit diesem erkundete er zu DDR-Zeiten die Brunnen und Unterwasserhöhlen seiner sächsischen Heimat.



Dietmar Steinbachs Nargileh-Tauchgerät am Brunnen Schönfels (links) und Ausrüstungscheck vor dem Einstieg in die Marmorhöhle (rechts) (Fotos: Dietmar Steinbach)

Doch was ist eigentlich ein Nargileh-Tauchgerät? „Nargileh“ bedeutet „Wasserpfeife“, in Anlehnung an den langen Schlauch. Die weiteren Bestandteile sind ein zweistufiger Regler und eine Druckluftflache. Der Mitteldruckschlauch wurde durch einen deutlich verlängerten Schlauch ersetzt. Als Verlängerung hatten sich die Schläuche von Schweißgeräten bewährt. Der Taucher war so von seinen Flaschen befreit und konnte sich freier bewegen. Diese Methode des Tauchens wird auch als „Nabelschnurtauchen“ oder „Luftschlauchtauchen“ bezeichnet (engl.: hookah diving; narghile diving). Um eine zu starke Beanspruchung der Schlauchbefestigung am Regler und Zug am Mundstück zu verhindern, nahm man den Schlauch unter die Schulter.

Dietmar Steinbach erinnert sich, dass er und seine Zwickauer Tauchkameraden das Nargileh-Tauchgerät vor knapp 40 Jahren im Zuge der Erkundung der Marmorbuchhöhle bei Wildenfels bauten. Das ist die zweitgrößte Naturhöhle in Sachsen. Neben einem großen Wasserloch, gibt es dort auch mehrere wassergefüllte Spalten, in die selbst ein schlanker Mensch geradeso eindringen konnte. Mit normaler Tauchausrüstung war das aber unmöglich. Diese Tatsache brachte sie auf den Gedanken, der Nargileh-Methode zu folgen. Mit ihrem Gerät gelang es ihnen als erste, auch einen Teil der unter Wasser stehenden Hohlräume in der Marmorbruchhöhle zu vermessen. Später, nach der Wende, wiederholten sie diese Vermessung für die Untere Naturschutzbehörde in Zwickau.

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Nargileh-Ausrüstung im Höhleneinsatz (Fotos: Dietmar Steinbach)

Diese Art des oberflächenversorgten Tauchens kam nicht nur im Brunnen- und Höhlentauchen, sondern auch bei Arbeiten in Schwimmbädern, an Tanks und in Kläranlagen, bei der Kontrolle von Unterböden kleinerer Schiffe und sogar beim industriellen Goldschürfen zur Anwendung. Klaus Hamann, Fotograf am ehemaligen Institut für Vor- und Frühgeschichte der Akademie der Wissenschaften, beschreibt den Einsatz eines von Peter Scharf konstruierten Nargileh-Tauchgerätes bei unterwasserarchäologischen Forschungen im Teterower See. Die Taucher die Arbeitsgemeinschaft für Unterwasserforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin erforschten dort unter tauchtechnischer Leitung von Dr. Martin Rauschert 1968 eine slawische Brückenanlage. Hamann beschreibt, dass mit dem Nargileh-Schlauch auch eine Telefonleitung zu einem Kopfhörer führte, der unter die Kopfhaube geschoben wurde. Im Boot befand sich ein kleiner Verstärker mit Lautsprecher. Dort konnte man jeden Atemzug mithören und selbst sprechen. Das war unter Wasser gut zu verstehen. Zwar war ein Sprechen durch das Mundstück nur eingeschränkt möglich, aber man konnte sich artikulieren und mit etwas Mühe auch verstehen. Die Luftversorgung erfolgte über eine 40 l-Druckluftflasche, die im Boot liegen blieb. Mit Peter Scharfs Konstruktion konnten die Taucher ohne sperrige Ausrüstung auf dem Rücken besser agieren. Außerdem waren deutlich längere Tauchzeiten möglich.

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Peter Scharf am Teterower See mit Nargileh-Tauchgerät (1968) (Foto: Klaus Hamann)

Obwohl der Taucher in der Regel alleine im Wasser ist, wird das Nargileh-Tauchen nicht als Solotauchen im engeren Sinn betrachtet. Denn es besteht eine feste Verbindung zur Oberfläche, wo ein Sicherungstaucher wartet, der im Notfall Hilfe leisten kann. Auch bestand die Möglichkeit zwei Taucher gleichzeitig mit Atemluft zu versorgen. Es musste dafür ein T-Stück gefertigt werden, das es erlaubte, zwei Schläuche an einer Pressluftflasche anzuschließen.

Das Nargileh-Gerät ist ein interessanter Neuzugang für unsere Sammlung. Vielen Dank an Dietmar Steinbach.